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1606Spektrum21

gehensweise, erste Lösungsvorschläge und ein kalkula- torisches Angebot. Das waren schnell 60 bis 80 Folien pro Gruppe. Nach dem Auftragsbriefing hatten wir circa vier Wochen Zeit, unsere Unterlagen auszuarbeiten. Das war, abgesehen von dem Koordinationsaufwand in den Teams, zeitlich gesehen schon beanspruchend für jeden Einzelnen. Um die weitumfassende Aufgabenstellung in dieser kurzen Zeit erfolgreich bewältigen zu können, war eine sehr strukturierte und auf Meilensteine ausgerich- tete Gruppenarbeit unabdingbar. Jede Gruppe wurde dann im Präsentationstermin in mehr als zwei Stunden zerlegt (lacht). Zerlegt? Wie meinen Sie das? Naas: Killer-Phrasen. Sätze mehrfach wiederholen lassen, um zu prüfen, ob man cool bleibt oder gereizt reagiert. Permanentes kritisches Nachfragen. Und so tun, als ob man die Präsentation nicht versteht. Man musste häu- fig auch die Inhalte parallel zu den Folien noch einmal am Flipchart oder auf dem Whiteboard mit anderen Worten für den Auftraggeber erklären und Skizzen zum besseren Verständnis anfertigen. Um den Vortrag nach solch massiven Störungen in gewohnt souveräner und professioneller Art fortführen zu können, bedarf es einer absolut intensiven Vorbereitung. Hierfür ist auch die An- tizipation möglicher Fragen des Auftraggebers im Voraus empfehlenswert. Die hier erlebten Situationen kenne ich so auch aus meiner Zeit bei Porsche und HOYER. Das war schon verdammt realitätsnah. Dölz: Herr Iskan alleine in seiner Rolle ist schon „anstren- gend“ – auch von der Körpersprache her (lacht). Da sitzt du an der Hochschule im Seminarraum und meinst, du bist im Management-Meeting. Aber als dann auch noch Herr Jeck von DB Schenker Logistics in einem Termin dabei war, haben wir den Ernst der Veranstaltung noch einmal live gespürt. Die Fragen von Herrn Jeck waren genauso schonungslos. Die haben das echt ernst gemeint und auch so rübergebracht (lacht). Herr Professor Dr. Iskan, was bezwecken Sie mit dieser Veranstaltung? Iskan: Erstens: Seit der Grundschule kennen wir nur eins: Lernen in der Fach-Einbahnstraße. Das will ich durch- brechen und auf ein integriertes und interdisziplinäres Lehren und Lernen hinwirken. Zweitens: Schön-Wetter- Präsentationen ohne Unterbrechung kann jeder. Ich will wissen, wie meine Studierenden als Persönlichkeiten mit Druck und kritischem Feedback umgehen, und sie realitätsnah auf die Praxiswelt vorbereiten. Drittens: Der Fall, der zu bearbeiten war, findet sich heute in jedem Konzern als Berater-Projekt. Ich will also wissen, wie fit die Studierenden im konzeptionellen und management- gerechten Arbeiten sind. Das kommt mir im Studium mitunter zu kurz. Wie meinen Sie das? Iskan: Es bringt doch überhaupt nichts, wenn Studierende ein Buch oder Skript auswendig runterbeten. Damit kön- nen sie je nach Prüfer vielleicht die Klausur meistern. Aber in der Wirtschaft überleben und vorankommen? Nein, dafür braucht man andere Kompetenzen. Wenn wir es ferner schaffen, inhaltlich übergreifend und kompetenz­ orientiert zu lehren und zu prüfen, dann wären wir als Hochschule nicht nur aus didaktischen Gesichtspunkten ganz vorne mit dabei. Auf welche Kompetenzen zielt Ihre Veranstaltung „Prozessmanagement“ ab? Iskan: Zunächst geht es mir nicht um die Modellierung von Prozessen. Wie das geht, bekommen unsere Logistik- Studierenden schon frühzeitig im Bachelor mit. Stichwort ARIS und Visio. Viel wichtiger ist, souverän und professi- onell mit Kritik und Störungen während Präsentationen umgehen zu können. Du musst rhetorisch fit sein, deine Position auch standfest vertreten und dein Gegenüber mit klaren Argumenten überzeugen können. Know-how- Lücken sollte man mit den Literatur-Vorschlägen selbst zu schließen wissen. Lebenslanges Lernen setzt die Fähigkeit voraus, sich Dinge auch selbst beizubringen. Nicht immer steht eine Person daneben und vermittelt den Stoff. Diese Fähigkeit kann schnell zu einem „Career-Boost“ werden. Was meinen Sie mit Kritikfähigkeit? Iskan: Plump antworten, ist keine Lösung. Aber wie greife ich Feedback geschickt auf, denke den Gedanken weiter und spiele ihn zurück an den Feedback-Geber? Das ist auch eine Frage der Etikette. Ich versuche in dem Rollenspiel auch gezielt Rückmeldung zu geben zu Sätzen wie: „Sie und Ihr Unternehmen haben also folgendes Problem?“. Nein, wir haben keine Probleme, sondern Herausforde- rungen. Oder du fängst als Auftraggeber an, schlecht über Wettbewerber X zu sprechen und die Studierenden, die präsentieren, machen mit. Das geht nicht im Business! Man weiß nie, wie das Gegenüber tickt. Vielleicht will er dich aus der Reserve locken? 6 Titelthema

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