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Spektrum Ausgabe Januar 2014

37 Lehre & Forschung sehr wir uns für unempfänglich für Werbung, Public Relations und die Empfehlungen der Nachbarin hal- ten – all das beeinflusst unsere Entscheidungen, ohne dass wir für uns selbst messen können, wie nachhaltig. Wir dürfen uns nicht glauben Teil 2: Vereinfachung von Ent- scheidungen Die „Default Option“ in unserer Entscheidungssystematik ist der Verbleib beim Status quo, also die Entscheidung gegen eine Veränderung. Soll beziehungs- weise muss eine Veränderung jedoch stattfinden und sind wir uns unsicher, so helfen drei Mus- ter bei der Vereinfachung von Entscheidungen: Erstens: die Nachahmung. Für sie wird ein Vorbild benötigt. Dieses kann sich aus jedem denkbaren Kreis rekrutieren, Familie, Freunde, Vereinskame- raden, gesellschaftliche Vorbil- der oder durch von Werbung angepriesene Figuren. Die wichtigsten Vorbilder sind vermutlich die Er- ziehungsautoritäten der Kinderzeit oder Leitbilder im engeren persönlichen Umfeld, für manche auch Lady Gaga oder Daniela Katzenberger. Zweitens: das Trial-&-Error-Verfahren, das mehr Autarkie und Entschlusskraft des Verbrauchers verlangt. Die Ungewissheit des Ausgangs ist höher, die Abschätzung der Handlungsfolgen schwieri- ger. Folglich wird es vorwiegend bei geringem Fehlentscheidungsrisiko eingesetzt: „Ich probiere es mal aus!“ Drittens und besonders spannend für Marketiers und insbesondere Werber: Heuristiken beziehungs- weise „Faustregeln“: Bei komplexen Entscheidun- gen wenden wir vereinfachende Lösungsansätze an. Das spart Zeit und hilft uns bei Informationslücken, führt allerdings auch zu systematischen Verzerrun- gen: Fehler werden nicht erkannt, sondern wieder- holt und sogar verteidigt. Ein gutes Beispiel ist die Verfügbarkeitsheuristik: Eine Produktverwendung wird danach beurteilt, wie verfügbar ein Beispiel da- für ist. Wird also in einem Werbespot gezeigt, wie eine Familie mit dem neuen Kombi glücklich ins Wochenen- de fährt, erhält der beworbene Wagen eine Art „Programmie- rung“, die wirkt, sobald wir vor dem Auto im Verkaufsraum des Händlers stehen. Und sie wirkt immer, unbewusst, egal, wie stu- pide wir den Werbespot auch fanden. Und jetzt? Der kleine und sicherlich un- vollständige Streifzug durch die Wissenschaft von der Kauf- entscheidung zeigte uns eines: Wir dürfen unserer eigenen Einschätzung nicht trauen. Wir müssen akzeptieren, dass wir beeinflusst sind, ob wir das wahrnehmen oder nicht. Wir brauchen Reflexion, Beratung, Meinung anderer, um unsere Entscheidungen zu prüfen; natürlich ist auch dies nichts anderes als eine weitere Beeinflussung, und auch diese ist gefährlich: So werden, nur, um ein Bei- spiel zu nennen, Freunde meist das von ihnen selbst bevorzugte Produkt empfehlen. Und auch das tun sie unbewusst. Es ist vertrackt, kompliziert und … spannend. Und ich bin gespannt, ob mir die wirt- schaftswissenschaftliche Forschung helfen wird, ei- nes Tages das bestmögliche Waschmittel auszuwäh- len oder ob ich nicht lieber doch bei Persil bleibe. Prof. Dr. Jörg B. Kühnapfel FB II, Management und Personalmanagement 0621/5203-210 joerg.kuehnapfel@fh-lu.de Die neueste Veröffentlichung unseres Autors erschien 2013.

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